Bindungsangst überwinden: Warum manche unter Bindungsängsten leiden?

Bindungsangst

Jeder Mensch hat ein unterschiedliches Bedürfnis nach Nähe und Verbundenheit in einer Partnerschaft. Manche möchten am liebsten mit dem Partner verschmelzen, alles miteinander teilen und sie fühlen sich schnell einsam oder zurückgesetzt, wenn wenig körperliche oder emotionale Nähe vorhanden ist. Andere brauchen viel Freiräume und Autonomie und für sie wird es unangenehm, wenn es zu eng, nah oder verbindlich wird.

Letztere sind oft Menschen, die unter Bindungsangst leiden. Doch warum haben manche Menschen ein geringeres Bedürfnis nach Nähe, Verbindlichkeit und emotionaler Verbindung? Kommen diese so auf die Welt oder was sind die Gründe dafür? Das möchte ich dir in diesem Beitrag erklären.

Bindungsangst ist das Ergebnis bestimmter Erfahrungen

»Alle Verhaltensweisen und Gefühle rund um Bindungsängste sind sinnvoll«. Wenn ich diese Aussage in meiner Beziehungspraxis treffe, höre ich meist als Antwort: »Nein, die erschwere nur meine Beziehung und die haben überhaupt keinen Sinn. Mir und meiner Partnerschaft geht es dadurch oft schlechter.«

Ja, es stimmt, dass Beziehungen durch Bindungsängste komplizierter und herausfordernder werden. Doch es stimmt auch, dass alle Symptome und Verhaltensweisen rund um Bindungsangst Sinn machen. Denn wir kommen nicht mit Bindungsängsten auf die Welt, sondern sie sind das Ergebnis all der Erfahrungen in unserer Kindheit und Jugend.

Das heißt: Wir können unsere Bindungsangst überwinden und sind diesem Bindungsstil gegenüber nicht ausgeliefert.

Bindungsangst ist eine Anpassungsstrategie

Bindungsangst, die wir als erwachsene Frau oder erwachsener Mann haben, sind quasi die Folge unserer kindlichen Anpassungsstrategien. Damit meine ich die Anpassungsstrategien, die in unserer Kindheit wichtig, hoch intelligent und richtig waren. Und diese sind, wenn wir die Bindungsangst nicht überwunden haben, immer noch in uns und wir nutzen sie immer noch bei ähnlichen Situationen, obwohl wir heute erwachsen sind und andere Reaktionen möglich wären und wir andere Bewältigungsstrategien hätten.

Doch damals waren die Anpassungsstrategien auf andere Menschen – meist Mutter oder Vater – wichtig, manchmal sogar überlebenswichtig. Bindungsängste haben sich nicht entwickelt, weil wir zu blöd waren, weil mit uns etwas falsch war oder weil mit uns etwas nicht stimmte. Sie haben sich entwickelt, weil mit unserer Umgebung etwas für uns nicht stimmte.

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Wie diese Umgebung, meist unsere Eltern, mit uns so umgegangen sind, ist die Ursache unserer Bindungsängste. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Umgang unserer Eltern mit Absicht oder unabsichtlich war, ob diese sich darüber bewusst waren oder nicht. Es geht darum, wie wir es als Kind erlebt haben, nicht wie sie es erlebt oder gemeint haben.

Die Ursachen von Bindungsängsten finden sich in der Kindheit

Als Babys und Kinder sind wir so feinfühlig und nehmen alles wahr und auf und möchte das Maximum an Liebe, Sicherheit und Wertschätzung erhalten und möglichst wenig Ablenkung, Unsicherheit oder Kritik. Und daher passen wir uns an, um eben viel Gutes und möglichst wenig Negatives zu bekommen.

Beispiele für negative Erfahrungen, die Bindungsängste verursachen:

  1. Die Bedürfnisse des Kindes werden nicht erkannt oder erfüllt
  2. Das Kind erfährt Vernachlässigung
  3. Das Kind erlernt keinen guten Kontakt zu seinen Gefühlen
  4. Das Kind erfährt wenig positive und wertschätzende Rückmeldung
  5. Das Kind erfährt Ablehnung, Kritik bis Missachtung
  6. Die Werte der Eltern sind wichtiger als die des Kindes
  7. Das Kind kann keine gesunde Abhängigkeit erlernen
  8. Das Kind kann keine gesunde Selbstständigkeit erlernen
  9. Die Beziehungsdynamik zwischen den Eltern ist ungesund
  10. Das Kind verliert einen Elternteil durch Trennung, Scheidung oder Tod

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Wenn wir z.B. merken, dass es Mama nicht immer gut geht, sie emotional zu kämpfen hat, oder sie es kaum aushält, wenn es uns nicht gut geht, dann unterdrücken wir unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse. Dann kümmern wir uns um Mama und übernehme Verantwortung für sie, die eigentlich viel zu viel ist. Wir sind das Kind, und nicht sie. Doch wir machen es, weil wir eben möglichst viele positive Rückmeldungen erhalten möchten, das macht jedes Kind.

So machen wir die Erfahrung, dass Nähe zu liebgewonnenen Menschen nicht nur gut ist, sondern wir uns dabei selbst aufgeben müssen. Als Erwachsene steckt diese Erfahrung dann immer noch in uns, und um bei diesem Beispiel zu bleiben, möchten wir nicht mehr in eine ähnliche Situation kommen, und passen daher vor allem in einer Partnerschaft sehr darauf auf, dass wir nicht zu viel Verantwortung zugeschobene bekommen, wir uns nicht um die Probleme des anderen kümmern müssen und wir gehen zu viel Nähe, zu viel Verbindlichkeit aus dem Weg, weil diese früher uns nicht gut getan hat und dieser Schmerz noch in uns steckt.

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Das meiste regelt das Unterbewusstsein

Dabei ist es egal, ob wir uns heute noch an diese Ursachen erinnern oder nicht. Es muss auch nicht Traumatisches passiert sein, keine körperliche Gewalt, Vernachlässigung oder Missbrauch. Es kann die Bilderbuch-Familie sein und einfach jeden Tag kleine Dinge geschehen, die in Summe dazu führen.

Wichtig: Es ist also nicht deine Schuld oder Verantwortung, dass sich Bindungsängste entwickeln konnten. Doch jetzt als erwachsene Frau oder erwachsener Mann kannst du diese nur selbst auflösen, das kann leider kein Partner oder keine Partnerin machen. Es ist unsere Bindungsangst und wenn wir sie nicht auflösen, uns z.B. trennen, dann nehmen wir sie einfach in die nächste Beziehung mit. In einem weiteren Beitrag von mir, zeige ich dir wie du deine Bindungsangst überwinden kannst – mit praktischen und hilfreichen Tipps und Methoden.

Über Christian 227 Artikel
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